.

 


So war es:

 

[09.08.] Gegen ca. 13:00 Uhr zeichnet mein Anrufbeantworter die Nachricht von T.M. auf, der vermeldet, gern »mal was mit mir machen zu wollen«, textlich. Er werde mir nun eine E-Mail senden und mal ein bisschen was schreiben.

 

Anstelle meines Thunderbird (E-Mail-Programm) vermeldet Skype bei meiner Rückkehr an den Schreibtisch folgende bis dahin recht einseitige ‘Unterhaltung:

 


Akquise per Skype – Protokoll original mit allen Grammatik- und Rechtschreibfehlern

 

[09.08., 13:12:13] T.M.: habe gerade mal bei Ihnen angerufen und auf den AB gesprochen

 

[09.08., 13:13:26] T. M.: ich würde gern für Sie arbeiten,.. nicht unbediingt Text verfassen, die sich mit Jeans beschäftigen, aber Texte, die im Internet geraucht werden.

 

[09.08., 13:15:09] T. M.: Aufgrund meiner Erfahrungen (und meines Geburtstages: 10.6.65) halte ich mich in der Lage, gute Texte zu verfassen. Je nach Wunsch: entweder mehr fokussiert, auf den Punkt gebracht oder eher persuasive ;o)

 

[09.08., 13:15:21] T. M.: Man schreibt, was gefällt.

 

[09.08., 13:19:48] T. M.: Gern lass ich Ihnen mein Kurz CV zu kommen, allerdings muss ich noch überlegen, was ich als Arbeitsprobe liefern kann.

 

[09.08., 13:24:00] T. M.: Ich habe eine Idee: bitte senden Sie mir 9 Wörter zu drei unterschiedlichen Themen (3 Keywords je Thema) und einer genauen Anzahl von Wörtern. Ich werde Ihnen dann einen entsprechenden Online-Text dazu generieren.

 


Das reicht! Ich schreibe zurück

 

[09.08., 15:18:00] Copyhexe: Hallo Herr M., was wollen Sie zum Thema Texten fragen? Ich hab keine Frage lesen können, statt dessen, dass Sie Internettexte schreiben, die ‘geraucht’ werden. Genau SOLCHE brauche ich aber nicht ;) Ich verstehe leider auch ‘persuasive’ gar nicht. Als ich Sie dann anrief, ging keiner ran.

 

Hm. Wirkt irgendwie nicht so super-überzeugend, Sie verstehen? Nehme ich – was ich tue – Ihren Akquiseüberfall als Beispiel Ihrer Arbeit ernst, wäre es Ihnen gar nicht gelungen, mich zu überzeugen.

 

Dann soll ich mir auch noch drei Themen und je neun Wörter für Sie ausdenken. Was glauben Sie eigentlich, was ich hier im Office so anstelle? Ich suche jemanden, der in der Lage ist, mir Arbeit abzunehmen, nicht, mir welche zu machen. In diesem Sinne mach ich dann mal weiter, okay? Zauberhafte Grüße, die Copyhexe.

 


Ein echter ‘Texter’ gibt nicht auf

 

Leider klingelt Sekunden später wieder das Telefon: Herr M. beschwert sich. Er findet es nicht relevant, dass mir seine Rechtschreibversionen und unstrukturierten Nachrichten nicht zusagen.

 

Lieber möchte er sich seine Freizeit durch eine fruchtlose Diskussion mit mir verkürzen und ist ‘not amused’, als ich ihn in meiner Verzweiflung – ICH habe ja Arbeit bis über beiden Ohren – schließlich abwürge. Herr M. lässt sich das selbstverständlich nicht bieten und malträtiert mich um 15:31 Uhr erneut per Skype.

 

Ich erfahre ungefragt, dass Herr M. auf »5-6 Jahre Erfahrung im Bereich Headhunter« zurückblickt und meint beurteilen zu können, »was Menschen leisten oder auch nicht leisten«. Schließlich empfiehlt er, ich solle mir die »Vorteile einer Supervision angedeihen lassen«.

 

Freundlicherweise übt dieser erfahrene Headhunter auch noch konstruktive Kritik, indem er mich darüber informiert: Meine »Web-Seite könnte in dieser Hinsicht klarer aufgestellt sein.« (Anm.: er bezieht sich auf die ‘Kommunikation’.)

 

Der Akquiseüberfall endet um 15:46:51 Uhr mit dem Schlusswort des Herrn M., das endgültig beweist:

In diesem ‘Ex-Headhunter-ab-morgen-vielleicht-Ihr-Texter’ steckt ein faszinierendes Maß an Selbsterkenntnis:

 

T.M.: Tut mir leid, ich bin ein strukturierter Mensch und bin für Sponanität nicht wirklich zu haben.

 

**** Ende der ‘Aufzeichnung’ in Original-Schreibweise ****

 


Dem wäre nichts mehr hinzuzufügen. Außer:

 

Viele, die sich heute Texter nennen und leider auch nach gusto nennen dürfen, schädigen den Berufsstand.

 

Durch Ignoranz von Inhalten und Missachtung von Information schlechthin. Durch beliebigen und respektlosen Umgang mit Worten, Stil, Etikette, Medien, Menschen – und der Idee der Suchmaschinen. Durch unstrategische, unüberlegte, austauschbare Texte und Umsetzungen. Natürlich auch einfach durch Geldgier, Unzuverlässigkeit, Faulheit und Verantwortungslosigkeit.

 

Solche Schreiberlinge enttäuschen gute Auftraggeber und sind verantwortlich für das Misstrauen, das viele Kunden unserer Zunft entgegenbringen. Wegen solchen Typen habe ich schon weit unter Budget gearbeitet, um den Glauben meines Kunden an die Menschheit – und Texter im besonderen – wieder herzustellen.

 


Liebe Auftraggeber, vor ‘Textern’ wie Herrn M. möge Sie der Himmel beschützen

 

Sie könnten Ihr Geld auch in Frösche blasen. Erkennbar sind diese Schädlinge meist daran, dass sie kaum oder keine Arbeitsproben besitzen, selten Fragen zu Ihrem Business stellen und häufig für ein paar Cent pro Wort arbeiten.

 

Selbstverständlich gibt es eine große Zahl wirklich erfahrener Kolleginnen und Kollegen, die für Auftraggeber eine Bereicherung sind. Lassen Sie uns weiterhin als Texter gute Arbeit machen, die Wirtschaft braucht uns!

 

Herzlichst, Simone Laub

 


Zum nächsten Erlebnis: Als mir die Website geklaut wurde ...

 

 


Kommentar von _Ursula am 15.03.2019; 11:17:04 Uhr

Forsche Frösche forschen nicht

Sehr geehrte Frau Laub, ich habe Ihren Beitrag ^Texterfrosch^ sehr genossen! (Wie übrigens Ihre gesamte Homepage.) Wie überaus diszipliniert von Ihnen, an Froschschenkel erst gar nicht gedacht zu haben. (Ich gestehe: Ich hätte.) Oder an Froschzäune... damit einem keiner mehr über den Weg läuft... Als ich meinen eigenen Firmenslogan zu Jahresbeginn überarbeitete, kostete mich das einen ganzen Nachtschlaf. Trotz hilfreicher Werbeagentur im Hintergrund. Das Resultat: "Wort für Wort - vor Ort." Erklären Sie das einem Frosch! Mit allerbesten Grüßen, Ursula Staffa

Ihr Kommentar zu „Texterfrosch: Der Akquiseüberfall“:

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